Mit 1226 Startern auf dem Marktplatz in Echternach folgte die Jubiläumsausgabe der La Charly Gaul dem Aufwärtstrend der vergangenen Jahre, auch wenn die Rekordbeteiligung von 2013 nicht erreicht wurde. Zum dritten Mal in Folge wurde die Schwelle von 1000 Fahrern jedoch bei weitem übertroffen. Die guten Wetterbedingungen spielten mit Sicherheit eine Rolle bei diesem Erfolg: nachdem der morgentliche Nebel sich aufgelöst hatte, gewann Jérôme Giaux um die Mittagszeit bei strahlenden Sonnenschein seine zweite Charly Gaul im Alleingang. Wie in den vorherigen Ausgaben begann der Vorname des Gewinners auch in diesem Jahr also mit "J" (Jean-Charles, James, Jérôme und Jacques), und der Trend hat sich sogar auf die 100 Kilometer lange Strecke ausgeweitet, wo Jérôme Lafourte seinen Namen in die Gewinnerliste einschrieb, nach einem zweiten und einem dritten Platz bereits in den Jahren 2013 und 2009. In den Damen-Kategorien siegten Mirthe Wagenaar und Carmen Coljon beide zum ersten Mal, auch wenn der Sieg von Coljon denkbar knapp vor Rita Zinnen war und auch nach dem Zieleinlauf noch heftik diskutiert wurde
Die 25. Charly Gaul war damit die zweitbeliebteste Ausgabe in der Geschichte der Jedermann-Veranstaltung: im Jahr 2013 waren nur rund 60 Fahrer mehr am Start des Rennens während bei der drittgrößten Auflage bis jetzt im Jahr 2009 rund 1100 Teilnehmer anwesend waren. Trotzdem hat die Jubiläumsausgabe 2014 ihren eigenen Rekord in der Statistik verbucht: mit 491 Fahrern haben sich für die lange Strecke von 164 km mehr Konkurrenten als je zuvor eingeschrieben. Die Logik sagt uns dann, dass sie dieses Mal weniger zahlreich auf der kleinen Distanz waren (743 im Jahr 2014 gegenüber 827 im Jahr 2013). Die Damen-Statistik folgt der gleichen Linie mit 53 Fahrerinnen im Ganzen (60 im Jahr 2013), aber einer Anwärterin mehr auf der langen Distanz als vor 12 Monaten.
11 Fahrer nur von weniger als 18 Jahren waren am Start der La Charly Gaul im Jahr 2014: es waren mehr als das Doppelte im Vorjahr gewesen. Nur zwei davon, Loic Martins und Charles Drinkwater, starteten auf der langen Distanz. Mit 17 Jahren hat Martins eine schöne Leistung auf der 164-km-Strecke gezeigt, denn er wurde am Ende 52. in der Wertung bei mehr als 36 km/h Schnitt. Im gleichen Alter plazierte sich Pit Leyder als Bester der jüngeren Fahrer in der 98-km-Runde, auf einem schönen 36. Rang mit nur 6 Minuten Rückstand. Genau wie in den beiden letzten Ausgaben war José Cambrai der erfahrenste Fahrer dieser La Charly Gaul und insgesamt waren fünf Fahrer von über 70 Jahren bei dieser Ausgabe vertreten. Ein einziger von ihnen, Lucien Blommaert, reihte sich für die lange Distanz auf und er zeigte eine außergewöhnliche Leistung, fuhr er doch als 337. die 164 Kilometer zu Ende, mit mehr als 30 km/h Schnitt. Dabei wurde er 13. in seiner Kategorie, die von dem rund 10 Jahre jüngeren Lionel Laurent gewonnen wurde. Yves Lehnert und Nico Thomas waren auch am Start des Rennens, wie in jedem Jahr seit 1990 und beide haben ihre 25. Ausgabe der Charly Gaul beendet, auch wenn es für Nico Thomas wohl eher zum Alptraum wurde. Schon sehr früh im Rennen wurde er Opfer von Krämpfen und war schnell auf sich Alleine gestellt. Thomas hatte hart zu kämpfen, um die Ziellinie in Echternach schliesslich nur knapp eine Minute vor Kontrollschluss zu erreichen. Eine schöne Leistung war es auch von Yves Lehnert, der sein Rennen mit mehr als 29 km/h Schnitt als 354. in der Gesamtwertung beendete.
397 belgische Fahrer bildeten das größte Kontigent der Fahrer dieser Charly Gaul, vor den 299 Luxemburgern, 175 Niederländern, 139 Franzosen und 138 deutschen Konkurrenten. Mehr als 70% der Teilnehmer waren also aus der Benelux-Region und 25 Nationen insgesamt waren in Echternach vertreten, unter anderem auch ein Fahrer aus Estland, einer aus Ungarn, aus Irland, aus Rumänien und aus der Slowakei sowie zwei Kanadier und zwei Amerikaner. Die meisten von ihnen leben jedoch in Luxemburg oder Umgebung. Mit rund 950 Kilometern Entfernung aus ihrer Heimatstadt waren die 9 dänischen Fahrer aus Slagelse wohl die weiteste Strecke gefahren, um an diesem Charly Gaul Rennen teilnehmen zu dürfen.
Der Streckenverlauf der 25. Ausgabe war eher traditionnal mit einem Ausflug in die kleine Luxemburger Schweiz und nach Vianden, doch ein paar neue Anstiege haben das gewohnte Menü etwas neu gewürzt. Der bereits im Verlauf des Jahres 2009 bezwungene Aufstieg nach Wahlhausen sowie die neuen, langen Aufstiege in Nachtmanderscheid und Bigelbach sorgten für fantastische Aussichten für diejenigen, die sich die Zeit nahmen, die schöne Landschaft zu geniessen. Die letzten, kurzen Anstiege in Givenich und Boursdorf hatten vor Allem auch einen wichtigen sportlichen Aspekt, da sie eigentlich das Finale des Rennens schwer und selektif machen sollten, mit kleineren Gruppen bei der Ankunftin Echternach. Ein bisschen verloren inmitten der Natur hat das kleine Dorf Boursdorf sicherlich noch nie so viele Radfahrer an einem einzigen Tag über seine steile und neu gepflasterte Strasse nach Dickweiler fahren sehen wie an jenem Sonntag bei der Charly Gaul.
Bericht vom A-Rennen
491 Fahrer stellten sich um 9 Uhr in der Früh der Herausforderung auf der 164 Kilometer langen Strecke und sofort nach dem Startschuss gab es die ersten Angriffe, im Ausgang von Echternach. Remy Mertz von dem belgischen Continental-Team Colorcode war der Anstifter bei den ersten Temposteigerungen, unmittelbar gefolgt von Jérôme Giaux, Sieger der La Charly Gaul im Jahr 2012. Die Favoriten fuhren also an der Front und die Geschwindigkeit war hoch: nach nur 4 Kilometern, oben am ersten Anstieg von Michelshof, waren nur noch 150 Fahrer im ersten Hauptfeld vertreten. Ein wenig später konnte eine Gruppe von 8 Fahrern sich absetzen, angeführt von den beiden Belgiern Jaari Verstraeten und Koen de Geyt. Die nächsten Verfolger lagen nicht weit dahinter und am zweiten Anstieg des Tages in Reuland konnten Jérôme Giaux und Anthony Spyschaert zu der Spitzengruppe aufschliessen, ebenso wie zwei weitere Fahrer ein paar Kilometer später. Es lagen also 12 Fahrer vorne und bei 40 km/h Schnitt wuchs der Abstand auf die nächsten Verfolger jetzt kräftig an, bis zu 4 Minuten am Fusse der längsten Steigung des Tages in Wahlhausen.
An diesem Anstieg von 5 Kilometern mit 5,6% durchschnittlicher Steigung fuhr Jérôme Giaux ein hohes Tempo und obschon die Gruppe nicht auseinanderbrach, verloren doch Fahrer den Kontakt zur Spitze: Jelle Maeyaert und Michael Ossieur sowie etwas später Bjorn Koeman und Kristof Kempeneers nach Sturz. Gegen Hälfte des Rennens lagen also acht Fahrer vorne, immer noch mit konfortablem Vorprung: mit dabei war der Favorit Nummer eins und Sieger von 2012, Jérôme Giaux. Der Fahrer aus dem Continental-Team Profel-Bofrost gewann vor zwei Jahren nach einer langen und beeindruckenden Solofahrt, und hat in den beiden letzten Jahren ebenfalls Siege bei der Tour de Liège, der Tour de Namur oder der Tour Nivernais in Frankreich aufzuweisen. Aber auch andere Fahrer von kontinentalem Niveau in Belgien waren in der Spitzengruppe, wie Jean-Albert Carnevali, der noch vor ein paar Wochen mit dem belgischen U23-Nationalteam an der Tour de l'Avenir teilnahm. Er beendete die Flèche du Sud sowie einem Etappenrennen in Polen in diesem Jahr auf Platz 7 in der Gesamtwertung. Der in Luxemburg gut bekannte Remy Mertz war der jüngste Fahrer in der diesjährigen Tour de Wallonie bei den Profis und beendete die Flèche du Sud nur eine Position hinter Carnevali. Jari Verstraeten arbeitet an einer Doppelkarriere: er fährt für das Continental-Team United CT und hat unter anderem and der Tour du Pays de Savoie teilgenommen, ist aber ebenfalls Mitglied der berüchtigten Mannschaft Gran-Fondo, einer Gruppe von begeisterten Jedermännern, die durch ganz Europa reisen, um an den grössten Rennen der Saison teilzunehmen: Verstraeten ist Doppelsieger bei La Laurent Desbiens und hat auch in diesem Jahr ein weiteres Rennen in Frankreich gewonnen. Bei der Charly Gaul machte er einen grossen Eindruck und verrichtete eine Menge Arbeit an der Front. Andere Fahrer in der Spitzengruppe waren Koen Gillet, Gewinner eines Amateurrennens in Gouvy in diesem Jahr, 2. der La Vélomédiane Claudy Criquielion in La Roche-en-Ardenne und 6. des Trois Ballons Rennens, Koen Van Geyt, 4. bei La Claudy Criquielion und 3. insgesammt beim Etappenrennen Tour de l'Ain, das auf der gleichen Strecke und im Vorfeld des Profirennens gefahren wird, Kevin Gijsembergt, 26. der UCI Jedermann-Weltmeisterschaften von voriger Woche in Ljubljana sowie Anthony Spysschaert, bei La Charly Gaul bekannt für Platz 5 im Jahr 2010 und Platz 4 im Jahr 2013, sowie ebenfalls Gewinner eines neuen Rennens in Etalle, nicht sehr weit von Luxemburg.
Hinter diesen Fahrern fuhr eine größere Gruppe, die sich aber auch im Laufe der verschiedenen Anstiegen zusehends verkleinerte. Bei Kilometer 100 waren noch rund 50 Fahrer dort zusammen, darunter die Luxemburger Pascal Triebel, Christian Poos, Pol Bentner, Laurent Reichling, Loic Martens, Alec Lang und Jean Vanek sowie, unter anderem, der ehemalige belgische Zehnkämpfer François Gourmet, der sein erstes Jedermann-Rennen bei La Charly Gaul 2013 fuhr und seitdem den Virus erwischt hat, die niederländischen Elitefahrer Björn Koeman und Leon Van der Ster, der ehemalige Profi Johan Mombaerts, der vor längerer Zeit eine Etappe bei der Route du Sud gewonnen hatte, Querfeldein-Spezialist Kris Lapere und einige übliche Gäste der La Charly Gaul wie Bram Schittecatte, Hedwig Van Landeghem, Michael Ossieur, Vincent Tilkin, Peter Enkels oder Esteban Talloen, Gewinner des Cyclo-Sport-Rennens "Les 6 Bourgeois" im Jahr 2013. Daan Vermeulen, Hedwig Van Landeghem und ein paar andere versuchten immer wieder, das Tempo in dieser Gruppe zu beschleunigen: 30 Fahrer blieben nur noch übrig im Kampf um die letzten Top 10 Plätze.
Aber auch an der Spitze des Rennens war die Geschwindigkeit weiterhin hoch und die erste Gruppe fuhr fast 10 Minuten vor dem Rest, als es ins Finale mit den vier letzten Anstiegen dieser 25. Ausgabe der La Charly Gaul ging. Jérôme Giaux wartete nicht mehr lange: er startete einen Angriff und setzte sich noch weit vor der letzten Steigung alleine an die Spitze des Rennens. An den steilen Hängen von Boursdorf, wo der Belgier mit kraftvollem Tritt im Sattel fuhr, während die meisten Fahrer auf den Wiegetritt zurückgriffen, hatte Giaux schon fast eine Minute Vorsprung auf seine ehemaligen Fluchtgenossen. Diese waren noch zu Sieben, auch wenn Kevin Gijsembergt und Jari Verstraeten sich zeitweise absetzen konnten. Verstraeten bestimmte das Tempo am letzten Anstieg in Boursdorf, konnte aber die Gruppe, die fast über das ganze Rennen zusammengeblieben war, nicht auseinander sprengen. In der Abfahrt und auf den letzten, flachen 15 Kilometer bis zum Ziel zeigte der Führende keine Anzeichen von Schwäche und er kam mit 1 Minute und 36 Sekunden Vorsprung auf die nächsten Verfolger in Echternach an.
Jérôme Giaux hat also die 25. Ausgabe der La Charly Gaul im Hauptrennen über 164 Kilometer überlegen gewonnen, doch es blieb weiterhin spannend im Kampf um den zweiten Platz. Viele warteten auf einen Sprint auf dem Marktplatz in Echternach, doch Jari Verstaeten überraschte seine Gegner mit einem Angriff auf dem letzten Kilometer. Die Belgier nahm ein paar Meter Vorsprung und trotz eines starken Finales von Anthony Spysschaert gelang es Verstraeten, den zweiten Platz auf den letzten Metern vor Spysschaert zu halten. Direkt hinter den beiden fuhren Jean-Albert Carnevali, Remy Mertz, Koen Gillet, Kevin Gijsembergt und Koen Van Geyt zusammen über die Ziellinie und belegten die Plätze 4-8 in der Rangliste. Der unglückliche Kristof Kempeneers, der früh im Rennen gestürzt war und während fast 100 Kilometern ganz alleine zwischen zwei Gruppen fahren musste, konnte den 9. Platz trotzdem behaupten, eine Minute vor der ersten, größeren Gruppe von rund 30 Fahrern, wo Jelle Maeyaert sich als Schnellster erwies und Christian Poos (13.) und Pascal Triebel (15.) die besten luxemburgischen Teilnehmer waren.
Gab es bei den Herren nur wenig Spannung im Kampf um den Sieg, so kam bei den Damen noch weniger Zweifel darüber auf, wer die Beste sein sollte: die Niederländerin Mirthe Wagenaar gewann mit mehreren Minuten Vorsprung auf ihre Landsfrau Sylvie Boermans. Drei Mädchen waren klar stärker als der Rest in diesem Rennen und kurz nach dem Start hatten Boermans, Wagenaar und Isabelle Klein aus Luxemburg schon alle anderen weiblichen Bewerberinnen im Feld abgehängt: sie fuhren nämlich in einem zweiten, grossen Feld, nicht weit hinter der männlichen Spitzengruppe. Raimonda Winkeler, 3. der La Charly Gaul 2011 und 4. im Jahr 2013 folgte in einer nächsten Gruppe zusammen mit Marina Van Dijk, während Evelin Minten auch noch sehr gut positionniert war, weit vor der Gewinnerin von 2011, Isabelle Golard. Wagenaar, Rechtsanwältin im wirklichen Leben, diktierte das Tempo an der Front und ließ die beiden anderen Mädchen auf den folgenden Anstiegen hinter sich. Sie fährt normalerweise Rennen auf höchstem Niveau für das weibliche, niederländische Team Movingladies.nl und wurde in diesem Jahr 7. in der Gesamtwertung der Tschechei-rundfahrt sowie 33. bei Gent-Wevelgem. Vor den letzten Anstiegen hatte Wagenaar 4 Minuten Vorsprung auf Sylvie Boermans, die vor einer Woche Dritte des Jedermann-Rennens Claude Criquielion geworden war und 11 Minuten auf die MTB-Spezialistin Isabelle Klein und die Duathletin Marina Van Dijk, die nahe beieinander lagen. Evelin Minten hatte in der Zwischenzeit Boden verloren, während Charlotte Lenting und Hilde Oudman sich noch vor Ramonda Winkeler auf den Positionen 5 und 6 bewegten
Sylvie Boermans musste die letzten Anstiege in Givenich und Bourdorf im Alleingang bezwingen, während ihre Gegnerinnen in größeren männlichen Gruppen fuhren. Sie hatte also keine Chance, Zeit zu gewinnen und konnte die Führende nie in Bedrängung bringen. Mirthe Wagenaar gewann die weibliche Ausgabe der La Charly Gaul 2014 in 4 Stunden und 41 Minuten, mit fast 35 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit. Im Ziel hatte sie mehr als 7 Minuten Vorsprung auf Sylvie Boermans, 11 Minuten auf Isabelle Klein und fast 15 Minuten auf Marina Van Dijk. Die niederländischen Fahrerinnen haben in diesem Jahr klar dominiert, denn sie nahmen 5 der 6 ersten Plätze ein, mit nur Lokalmatadorin Klein dazwischen. Wie üblich lagen die besten Damen auch sehr gut in der Gesamtwertung, wo Wagenaar innerhalb einer Gruppe von 30 Fahrern zu Ende fuhr, die um Position 107 sprinteten, 30 Minuten nur hinter dem Sieger und nur 15 Minuten hinter den Männern, die um ein Top-15-Ergebnis kämpften. Sylvie Boermans überquerte das Ziel auf Platz 175, während Isabelle Klein mit mehr als 33 km/h Schnitt auf diesem sehr hügeligen Kurs nur 8 Plätze hinter ihr endete.
Bericht vom B-Rennen
Unmittelbar nach der Abfahrt des A-Rennens stellten sich schon die ersten der 743 Teilnehmer auf der kleineren Distanz an der Startlinie in Echternach auf, um am ersten Anstieg gleich in der ersten Reihe zu sein. Knapp eine Stunde später, nach dem Startschuss, war die Geschwindigkeit zwar von Anfang an hoch, doch das erste Hauptfeld blieb zuerst einmal groß und kompakt. Es waren immer noch mehr als 200 Konkurrenten zusammen, als ein Massensturz in Graulinster einige Fahrer zu Boden brachte und auch ein halbes Dutzend von ihnen nicht mehr in der Lage war, das Rennen sofort fortsetzen. Das Hauptfeld war jetzt zersplittert und es dauerte noch 20 weitere Kilometer, ehe es vier Fahrern gelang, sich abzusetzen. Sie hatten rund 40 Sekunden Vorsprung, als der schwierigste Anstieg des Tages in Bigelbach in Angriff genommen wurde, mit ein paar sehr steilen Rampen gleich am Anfang, am Ausgang von Reisdorf.
An diesem langen Anstieg bis hinauf nach Beaufort teilte die führende Gruppe sich auf, doch zwei weitere Fahrer schlossen kurz darauf zur Spitze auf. Nach den drei aufeinanderfolgenden Schwierigketin in Bigelbach, Beaufort und Haller lagen schliesslich 7 Fahrer an der Spitze, die ihren Vorsprung bis zu den letzten Steigungen des Tages in Lellig, Givenich und Boursdorf auf rund eine Minute ausbauen konnten. Es gab 18 Verfolger in diesem Augenblick und bei den kleinen Abständen war das Rennen noch lange nicht entschieden. Am Fusse der letzten Steigung in Boursdorf lagen noch sechs Fahrer an der Spitze zusammen: die Gebrüder Vincent und Quentin Melon, jeweils Erster und Dritter der Charly Gaul Rennen von 2006 und 2013, der Fahrer aus Pesant-Club Liège Romain Wolkowicz, welcher auch schon mal auf einem Podium einer La Charly Gaul stand (im Jahr 2011), Sebastien Calmant, ehemaliger Etappensieger bei der Ronde de Liège, Ludovic Brochart, der das Rennen im vergangenen Jahr über lange Strecken angeführt hatte und am Ende 6. wurde sowie der Deutsche Oliver Scholer, der einzige Nicht-Belgier in der Gruppe, der aber kurz danach den Anschluss verlor. Hinter ihnen, nur knapp 30 Sekunden später, war es drei Fahrer gelungen, den Verfolgern zu entkommen und sie machten Jagd auf die Spitzengruppe: Jean-Charles Martin, dreimaliger Sieger auf der langen Distanz, Jérôme Laofourte, der 2014 die beiden Cyclosport-Rennen La Chtibike und La Ronde Picarde gewonnen hat, sowie Holger Koopmann, Deutscher Meister bei den Jedermännern im Jahr 2013. Ein paar Sekunden hinter diesem Trio folgten Damien Bynens, ehemaliger belgischer MTB-Meister und eine andere Gruppe von rund einem Dutzend Fahrern mit unter anderem Titelverteidiger Steve Decloux und Andy Mertens. Alle diese Fahrer hatten weniger als eine Minute Rückstand auf die Spitze und also immer noch Chancen auf die vorderen Plätze.
Auf dem Gipfel des letzten Anstieges hatten die fünf Führenden ein wenig mehr als 30 Sekunden Vorsprung auf die drei Verfolger, während Bynens an Boden verloren hatte und im Begriff war, von Mertens und der 12er Gruppe, aus der der Belgier gerade angegriffen hatte, eingefangen zu werden. Auf dem langen, flachen Teil Richtung Ziel in Echternach haben sich die fünf Führenden (zweimal Mélon, Brochard, Wolkowicz und Calmant) nicht sehr gut verstanden und dadurch konnten Lafourte, Martin und Koopman weniger als 10 Kilometer vor Schluss zu ihnen aufschliessen. Alles deutete also auf einen Sprint von 8 Mann hin, doch Jérôme Lafourte überraschte seine Konkurrenten mit einem Angriff auf dem letzten Kilometer, mit Quentin Mélon am Hinterrad. Die beiden Fahrer haben den Marktplatz in Echternach ein paar Sekunden vor den nächsten Verfolgern erreicht, wobei Lafourte im Sprint schneller war als Mélon. Der Belgier konnte also bei der 25. Ausgabe der Charly Gaul einen ersten Sieg verbuchen, nach mehreren Top-Platzierungen in der Vergangenheit. Jean-Charles Martin gewann den Spurt der nächsten Verfolger um den dritten Platz, vor Koopmann und Brochard. Hinter diesen Fahrern waren Bynens und Mertens wieder von der nächsten Gruppe eingefangen worden und es war Michael Blanchy, der den Sprint der nächsten Verfolger gewonnen hat, ein kleines Feld, das auch den ersten Luxemburger in Rennen enthielt, und zwar Patrick Rauen auf Position 19, mit nur einer Minute Verspätung auf den Sieger.
In dem Frauen-Rennen auf der kleinen Distanz schienen von Anfang an drei Fahrerinnen deutlich über den anderen zu stehen. Rita Zinnen, Carmen Coljon und Jessy Beelen übernahmen die führenden Positionen ihrer Wertung gleich am ersten Anstieg, kurz nach der Ausfahrt aus Echternach. Am Gipfel der Steigung von Michelshof fuhren die drei Damen nicht sehr weit voneinander entfernt mit rund einer halben Minute Verspätung auf die führende Männergruppe. Die Deutsche Katja Willöper und die Niederländerin Maren Zimberlin lagen nicht weit dahinter, weniger als eine Minute von der Spitze des Rennens entfernt, während die nächsten Verfolgerinnen, Mangerich, Dietzmann, De Wit und Delfosse, nach nur 5 km Rennen schon fast drei Minuten Rückstand aufzuweisen hatte. Jede dieser Damen fuhr in einer grösseren Männergruppe und die Position sollten auf den folgenden Kilometern nicht allzuviel ändern, ausser dass Beelen und Willöper etwas zurück fielen und dass die ehemalige Siegerin des Rennens, Catherine Delfosse, sich von ihrem schlechten Start erholte und ein bisschen von der verlorenen Zeit wieder gutmachen konnte.
An der Spitze musste Jessy Beelen an einem der Anstiege locker lassen und so blieben nur noch die deutschsprachige Belgierin Zinnen und die Luxemburgerin Coljon zusammen, ein Duo, das bis zum Schluss des Rennens unzerrtrennlich sein sollte. Im Vorjahr bereits hatten die Beiden in den Streit um den Sieg eingegriffen, als Cojon hinter Siegerin Lamborelle und Delfosse den dritten Platz einnahm, während Zinnen knapp dahinter an fünfter Stelle endete. Am Fuße der letzten Steigung in Boursdorf lagen die zwei Damen ungefähr um Position 150 in der Gesamtwertung des Rennens, knapp 15 Minuten hinter dem ersten männlichen Fahrer, aber mehr als dreieinhalb Minuten vor der drittplazierten Jessy Beelen. Die Luxemburgerin Tamara Mangerich folgte auf 9 Minuten mit Maren Zimberlin und Catherine Delfosse, während zwei weitere Einheimische, Claudine Colbach und Anne-Sophie Harsch, auch noch um eine der Top 10 POsitionen stritten, jedoch fast 20 Minuten hinter dem Führungsduo.
Zinnen und Coljon fuhren Seite an Seite und waren in der letzten Steigung auf eigene Faust unterwegs, wurden aber etwas später, im letzten, flachen Abschnitt zur Ziellinie in Echternach, von einer grösseren Gruppe von Männern eingefangen, so dass es schwierig wurde, einen sauberen Zieleinlauf zu haben. Etwa ein Dutzend Fahrer spurteten auf der Zielgeraden, darunter die beiden Damen immer noch Seite an Seite und es war unmöglich für das blosse Auge, einen Sieger zu ermitteln. Das computergesteuerte Zeitnahme-System ermittelte schliesslich einen sehr kleinen Vorteil, weniger als eine Sekunde, für Carmen Coljon, die vor einer sehr frustrierten Rita Zinnen als Siegerin des Rennens erklärt wurde. In der Gesamtwertung übernahmen die beiden Damen die Positionen 162 und 163, mit mehr als 35 km/h Schnitt und nur 18 Minuten Verspätung auf den Sieger Jerome Lafourte. Jessy Beelen endete auf dem dritten Rang auf etwas mehr als vier Minuten, während der Kampf um den vierten Platz eine weitere Minute später im Spurt entschieden wurde, zwischen Tamara Mangerich, Maren Zimberlin und Katja Geib in dieser Reihenfolge.
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